Kolumne 9


Erfindung und Verbreitung des Schachspiels

Brett, Figuren, Schachuhr

Es ist historisch belegt, dass das Schachspiel bereits im 11. Jahrhundert, noch vor den Kreuzzügen, in einem grossen Teil des europäischen Kontinents gut bekannt gewesen ist. Vom Wesen des Spiels, von seinen Figuren und ihren Eigenschaften übermitteln uns die ältesten Dokumente praktisch nichts. Sie nennen kaum mehr als den Namen. In den folgenden Jahrhunderten mehren sich dann die Zeugnisse. Da findet man das Schachspiel in Romanen, Gedichten, ja gar in wissenschaftlichen Abhandlungen. Und vereinzelte Gedichte (lateinisch geschrieben), handeln sogar vom Schachspiel allein. Durch sie wird man mit den Namen der Figuren und ihren Gangarten vertraut gemacht.

Der Gesamtheit der Figuren hiess durchwegs scacci, das Spiel selbst ludus scaccorum, eine Pluarlbildung, die sich im Italienischen und Französischen bis heute erhalten hat. Das Schachbrett nannte man scaccarium. Sowohl das Wort scacci als auch der Name des Spiels in den verschiedensten Landessprachen (Schach, Scacchi, Chess, Echecs) ist merkwürdigerweise nicht aus dem Wort Schatrandsch entstanden, sondern aus Schach, dem Namen der Hauptfigur im persischen Schach. Spanien und Portugal machen eine Ausnahme. Hier hat sich der arabische Einfluss durchgesetzt. Aus al Schatrandsch (al ist der Artikel) wurde Aljedrez und Xadrez.

 

Das Schachbrett

Das Brett war schon vor der Erfindung des Schachspiels bekannt. Die abwechselnd gefärbten Felder sind seit dem 6.Jahrhundert üblich. Warum ist das rechte Eckfeld weiss? Bereits bei vielen Brettspielen des Altertums - wie Petteia oder Ludus latruncolorum - war ein weisses rechtes Eckfeld vereinbart, und hieraus ergibt sich ein kulturhistorischer Anhaltspunkt für eine mögliche Deutung dieses Brauchs. Im antiken Vogelflug-Orakel stieg nämlich bei glücklicher Bedeutung rechts ein weisser Vogel auf, während das Erscheinen eines schwarzen Vogels auf der anderen Seite Unglück brachte. Die Spieler versuchten vermutlich den guten Orakel-ausgang zu übertragen, indem sie das Eckfeld zur Rechten weiss wählten. Das stellte für quadratische Bretter kein Problem dar, weil jeder Spieler ein weisses Eckfeld bekam. Möglicherweise hat sich auch im Schachspiel dieser Brauch eingebürgert.

Die besondere Gattungsart des Schachbrettes, seine äusserst charakterische Erscheinung wurde in allen Kultursprachen Ausdruck für die Bezeichnung einer der Felderaufteilung des Brettes entsprechenden Musterung. Die altdeutsche Heraldik bezeichnete sie mit "underschakieret" oder "schach-zabeleht". Aufgrund eines mit Schachbrettmustern versehenen Bodens oder Tisches nannten die Normannen in England und Frankreich den Obersten Gerichtshof "sacaritum" (französisch: eschequier oder eschiquir).

Spielbretter waren schon immer das besondere Zentrum menschlicher Begegnungen. Der berühmte Dominikanerprediger Jacopo da Cessole (geboren in Cessole d'Asti) schrieb an einer bedeutenden Stelle seines Traktats "Liber de moribus hominum et officiis nobilium super ludo scachrum" über das Schachbrett: "Es sei die Stadt Babel un die Ränger des Brettes wären die mächtigen Stadtmauern." Im weitern: "Das Schachbrett mag die Stadt, wie wir vorher nannten, darstellen; aber es bedeutet zudem das ganze Reich und sogar das Weltall…"

 

Auszüge aus "1889-1989 100 Jahre Schweizerischer Schachverband", geschrieben von Alex Crisovan, erschienen 1989, Zürcher AG (Zug)

 

     

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