Liebe Gay, liebe Angehörige, liebe Trauergemeinde
Geri und ich haben uns durch das Schachspiel Anfang der 80er Jahre kennengelernt. Wir haben 35 Jahre gemeinsam beim SC Therwil gespielt. Während dieser Zeit verband uns eine Freundschaft, welche weit übers Schach hinausging. Auch unsere Frauen freundeten sich an, und so gingen wir oft zu Viert ins Kino, trafen uns auf Festen und Jubiläen.
Im Schachclub war Geri eine verlässliche und hilfsbereite Stütze als fleissiger Spieler sowie als guter Organisator und Funktionär und wegen seiner Geselligkeit. Geri war aufgeschlossen und bis vor kurzem fit. Der Umgang mit ihm war zwanglos. Er wirkte deshalb jünger als sein Alter. Sein Tod kommt für uns deshalb viel zu früh. Wir werden sein angenehmes und offenes Wesen sehr vermissen. Er hinterlässt als Schachspieler und als Freund eine grosse Lücke.
Geri erlernte das Schachspiel mit etwa sechs Jahren von seiner Gotte, während ihrer japanischen Internierung in Borneo zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Von da an blieb Schach ein sehr wichtiger Teil seines Lebens. Erhalten geblieben sind Urkunden von Erfolgen, welche er 1954 im Alter von 17 Jahren errang, zum Beispiel an der Basler Meisterschaft.
In Ghana, wo Geri Anfang der 60er Jahre lebte, gab es keine Spielgelegenheiten. Seine Aktivitäten nahm er in Südafrika, zuerst in Kapstadt und dann vor allem in Durban ab Anfang der 70er Jahre wieder auf. Gay und Geri verbanden schon damals mit dem Schach private Kontakte und Freundschaften. Sie organisierten Schachturniere an Wochenenden und Schach-Barbecues bei sich zu Hause.
Ende der 70er Jahre, also vor 40 Jahren, trat Geri dem Schachclub Therwil bei. Seither spielte er viel und regelmässig an Vereinsturnieren, für Mannschaften des Vereins und an regionalen, nationalen und internationalen Turnieren im In- und Ausland. Geri gewann alle Vereinsanlässe mehrfach, allein die Vereinsmeisterschaft drei Mal. Geri war darüber hinaus ein Aktivmitglied im Wortsinn. Er war Kassier, Präsident in den goldenen 90er Jahren des Vereins, vielfacher Mannschaftsleiter und in den letzten Jahren einer der Spielleiter. In den 90er Jahren auch Präsident des Nordwestschweizerischen Schachverbands. Für seine Verdienste wurde er zum Ehrenmitglied des NSV ernannt.
Geri war für diese Führungsaufgaben prädestiniert. Er hat viel erlebt und ist weit herumgekommen, was ihm eine weltmännische Sicher- und Gelassenheit gab. Er traf in Gesellschaft meist den richtigen Ton. Er hatte eine sehr gute Balance zwischen persönlicher Ansprache und respektvoller Distanz. Er war tolerant und offen. Dass jeder sein Leben auf seine besondere Art leben wollte, war eine tiefe Überzeugung von ihm. Geri waren Anstand und Respekt Dritten gegenüber wichtig. Als Vorbild führte er oft eine Begegnung mit dem damaligen Präsidenten des Weltschachverbands und früheren Weltmeister aus den Niederlanden an, Max Euwe. Euwe gab in den 70er Jahren in Südafrika ein Simultan, als sein viel schwächerer Gegner offenbar erregt über seine vermeintlich gute Stellung heftig und laut ein Remis einforderte. Euwe blieb ruhig und bat höflich um einen Moment Geduld, da er die Stellung nicht so schnell beurteilen könne wie sein Gegner. Geri plante sein Leben, er war ordentlich und strukturiert. Trotzdem suchte er dauernd nach seinen Schlüsseln oder der Brille. Gay half ihm jeweils mit einem Augenzwinkern aus der Patsche.
Geri schätzte in Therwil die familiäre Geselligkeit mit Menschen jeden Alters und Hintergrunds. Dies ermöglichte ihm die Pflege sozialer Kontakte, welche übers Schach hinausgingen. Geri organisierte Feste wie "120 Jahre Geri und Guido" und "150 Jahre Gay und Geri". Und um Geri und Gay bildeten sich Schachreisegruppen, welche an Turnieren in der halben Welt teilnahmen.
In den 2000er Jahren spielten wir regelmässig in Sitges, südlich von Barcelona. Geri, Gay und ich reisten jeweils zusammen nach Sitges. Die Anreise verbanden wir mit allerlei Unternehmungen in Frankreich und Spanien. Gay und ich haben in diesen traurigen Tagen schöne Erinnerungen daran aufgefrischt. Zum Beispiel lachten wir über unsere Reise in die Bretagne im Jahr 2007 am Tag des Wimbledon-Finals. Wir sind Fans von Roger Federer. Um den Match sehen zu können, mussten wir uns unterwegs beeilen, was Geri als zügigem Autofahrer nicht schwer gefallen ist. Am Zielort galt es noch eines der wenigen Hotels zu finden, bei dem der Match im Fernsehen zu sehen war, keine einfache Aufgabe. Nach wilden Irrfahrten durch den Ort hatten wir auch dieses Problem gerade rechtzeitig zum Spielbeginn gemeistert. Zurück liessen wir erstaunte Hotelgäste und -angestellte, welche unser hektisches Gebaren nicht verstanden. Oft haben wir über diese und andere Erlebnisse gelacht.
Als Schachspieler war Geri ambitioniert. So lange es ihm gesundheitlich möglich war, analysierte und spielte er Partien an Turnieren und im Internet. Ein Höhepunkt seiner Kariere war seine Partie gegen den zweimaligen Vizeweltmeister Viktor Kortschnoi am Casino Open in Baden 1997. Geri erhielt mit Schwarz eine aussichtsreiche Stellung, spielte mutig auf Angriff und opferte eine Figur, worauf sich Kortschnoi nicht einlassen durfte. Nach Geris Niederlage (die guten Spieler haben immer Glück) lobte Kortschnoi Geris Mut, indem er ihn mit dem damaligen Weltmeister verglich. Nicht einmal Kasparow habe sich getraut, diese Variante gegen ihn zu spielen. Geri hat sehr darunter gelitten, als er in den letzten Monaten die Konzentration fürs Schachspielen nicht mehr aufbringen konnte.
Geri hat uns viel gegeben. Wir sind dankbar für alles, was wir mit ihm erleben durften. Zum Trost möchte ich mit einem Zitat von Rainer Maria Rilke schliessen: "Wenn ihr mich sucht, sucht mich in euren Herzen. Habe ich dort eine Bleibe gefunden, werde ich immer bei euch sein."
Werner Müller, Schachclub Therwil
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