Brief zum Abschied
Lieber Pablo
Ein Satz, den Du mir am Montagnachmittag vor einer Woche gesagt hast ..."Komm geniessen wir's heute, man weiss nie, was morgen kommt" ... ist für mich unvermittelt zu einem Vermächtnis geworden. Pablo, Du bist nicht mehr unter uns. Du hast uns durch deinen plötzlichen Abschied Grenzen aufgezeigt und vieles in Relationen gerückt, die besonders bei uns Schachspielern leicht vergessen geraten oder gerne verdrängt werden.
Durch Deine Art hast Du uns immer aufs Neue gezeigt, dass Schach ein Spiel ist, das man keineswegs tierisch ernst nehmen soll. Dein Humor, Deine Fröhlichkeit hatten etwas Belebendes, etwas Ansteckendes. Gelang Dir eine Kombination, sprühtest Du vor Freude, umrahmtest diese rnit einem kernigen Spruch und was mir besonders imponierte war, wie Du, mit Niederlagen umgingst. Du stecktest diese beispielhaft weg, als wären sie Bestandteil eines Sieges. Deine Freude am Spiel überwog. Deine Leidenschaft war einzigartig.
Lieber Pablo, Deine Schachfreunde vor allem die Apéro- und Montagsspieler werden Dich sehr vermissen.
Nun lass mich etwas ausholen. Ich erinnere mich noch gut. Es sind jetzt etwas mehr als zehn Jahre her, da fragtest Du mich, ob ich Dich ans Krankenbett Deines Freundes Fred Gindrat begleiten könne. wir besuchten ihn im Palliativhospiz in Arlesheim.
Wie ich Dich dort erfahren habe, war für mich ein Schlüsselerlebnis. Fürsorglich, aber auch fachmännisch, umsorgtest Du Fred in seinen letzten, schweren Stunden Du lasest ihm die Wünsche von seinem Gesicht ab, bettetest ihn immer wieder um und sorgtest für Linderung seiner schmerzen. Deine Augen sagten alles. Du wusstest um sein baldiges Fortgehen. Hier, Pablo, lernte ich Dich von einer ganz andere kennen und war von Deiner Persönlichkeit ergriffen.
Das Wohlergehen Deiner Schachfreunde, ja Deiner Mitmenschen lag Dir sehr am Herzen. Unzählige Spitalbesuche aber auch telefonische Nachfragen nach dem Befinden des Patienten, zeugten von Deinem Mitgefühl.
Abschied nehmen fällt schwer. Besonders wenn er endgültig ist. Wir Hinterbliebenen können und dürfen es bei Dir auch in einem andern Lichte sehen. Langes, grosses Leiden ist Dir erspart geblieben. Deine frohe, gewinnende Art wird uns durch deinen abrupten Heimgang nun umso stärker in Erinnerung bleiben.
Noch etwas verdient Erwähnung. Es war Dir schon lange ein Anliegen, Schweizer Bürger zu werden. Nie vergesse ich den Augenblick, als Du mir eröffnetest, das Schweizer Burgerrecht erhalten zu haben. Du warst sichtlich stolz. Freude stand Dir ins Gesicht geschrieben. Pablo, wenn alle, die Schweizer werden möchten, Deine Qualitäten, wie Zuverlässigkeit, Anpassungswillen und Frohsinn hätten, hätten wir Schweizer kaum ein Ausländerproblem.
Lieber Pablo, möge Dir der Herrgott die ewige Ruhe schenken, die Du verdient hast. Und wer weiss, vielleicht vernehmen wir es wieder - dein ungestüm lebhaftes ,,schalamatosca", „granada“ .
Ciao Pablo Wolfgang
Oberwil, den 8. September 2011
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